Jesus ist unpersönlich geworden

Ein wichtiger Hinweis voraus: "Es tut mir leid, dass du von Christen verletzt wurdest, sonst würdest du nicht so zynisch über den christlichen Glauben herziehen." Solche Aussagen höre ich ungelogen jedes Mal, wenn ich mich (selbst)kritisch und manchmal auch zynisch mit evangelikalen, charismatischen Lebensauffassung auseinandersetze. Ja, ich war verletzt und wurde missbraucht, aber diese Lebenserfahrungen habe ich aufgearbeitet. Falls du mich trotzdem in die christliche Opferrolle drängen willst, höre hier auf zu lesen. Das empfinde ich als Grenzüberschreitung. So ist keine Diskussion auf Augenhöhe und im gegenseitigen Respekt möglich.

Warum brauche ich Jesus

Diese Frage habe ich Googles KI Gemini gestellt. Die Antwort war, meiner Meinung, ganz schön evangelikal. Das kommt vielleicht davon, dass der grösste Teil der Google Mitarbeitenden aus den USA kommen, dem Land nach Gottes Willen. Folgend die Antworten der KI und danach meine Erfahrungen garantiert mit I aber ohne K.

Vergebung von Sünden

Christen glauben, dass Jesus am Kreuz für die Sünden der Menschheit gestorben ist. Durch seinen Tod und seine Auferstehung können Menschen Vergebung für ihre Sünden erlangen und ein neues Leben mit Gott beginnen.

Ewiges Leben

Christen glauben, dass Jesus den Tod besiegt hat und dass diejenigen, die an ihn glauben, nach dem Tod ewiges Leben im Himmel haben werden.

Hoffnung und Führung

Jesus bietet seinen Anhängern Hoffnung in schwierigen Zeiten. Seine Lehren können Orientierung und Führung im Leben geben.

Liebe und Gemeinschaft

Christen glauben, dass Jesus die Liebe Gottes in die Welt gebracht hat. Durch ihn können Menschen eine tiefe Beziehung zu Gott und zu anderen Christen erfahren.

Veränderung und Wachstum

Jesus kann Menschen helfen, sich zu ändern und zu wachsen. Er kann ihnen die Kraft geben, Sünde zu überwinden und ein gottgefälliges Leben zu führen.

Vergebung von Sünden

Das bekommen wir, nicht nur gefühlt, an jedem Freikirchen Gottesdienst zu hören. Der Inhalt von 95 % der Predigten lassen sich auf einen Satz zusammenkürzen: "Du bist ein Sünder und hast den Tod verdient. Er ist der Sohn Gottes und wird dir die Sünden vergeben." Nun wird zig Mal wiederholt und aufgezählt, wo und wie ich überall gesündigt habe. Danach folgt, ganz wichtig, was ich alles an mir ändern muss, damit ich von Gott angenommen werde. Das wird jetzt in allen Formen und Farben ausgemalt. Ganz am Schluss, wenn ich mich, vor lauter Schuldgefühle, die Knie wundscheuere, hält die Predigt Person gnädigerweise, stellvertretend für Jesus, die Hand hin um uns zu vergeben. Am nächsten Sonntag beginnt das Schauspiel von vorne. 

Mein Leben ist alles andere als perfekt. Oft ist es eine einzige Katastrophe. Ich verhalte mich weder ethnisch noch moralisch nur ansatzweise akzeptabel. Trotzdem habe ich Strafe und Tod verdient, wie es im Lied "Erfasst von deinem Erbarmen" gesungen wird. Strafe, OK - ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage, aber warum soll ich den Tod verdient haben? Das lässt sich, aus meiner Sicht weder mit der Erbsünde noch anders schlüssig begründen. Trotzdem studieren (evangelikale) Predigt Personen über immer mehr Formen der Verfehlungen, und wie sie diese den Gläubigen predigen (oder sie manipulieren) können.

Der Mensch ist nicht fehlerfrei, sprich ohne Sünde. Das ist Fakt. Gott hat dafür die Vergebung ermöglicht. Warum können wir es nicht dabei belassen? Ich habe wirklich den Eindruck, dass die Sünde von Evangelikalen bewusst verwendet bis missbraucht wird, um Menschen das Leben zur Hölle zu machen. Es passt für mich überhaupt nicht, dass ein grosser Anteil in psychiatrischen Einrichtungen bekennende Christen sind. Menschen, die eigentlich das Vergebungsangebot für sich in Anspruch genommen haben.

Ewiges Leben

Vor meiner Bekehrung zum christlichen Glauben, war mein Leben geprägt von Zweifeln. Durch Grenzüberschreitungen verschiedenster Art konnte ich kein Selbstwertgefühl aufbauen. Nach meiner Bekehrung wurde es nicht besser, sondern schlimmer (Link). Erst als ich angefangen habe, es in die eigenen Hände zu nehmen, wurde es besser. Wenn ewiges Leben bedeutet den Glauben so zu leben, wie er hier praktiziert wird, Nein Danke! 

Hoffnung und Führung

Frage Jesus, er wird dir die richtige Antwort geben. Jesus lebt, er wird sich darum kümmern. In evangelikalen Kreisen wird Jesus oft als real existierende Person angesehen. Denn er ist auferstanden (und lebt mitten unter uns). Du kannst ihm begegnen, du kannst ihn spüren, du kannst ihn fühlen. Viele Christen treffen keine Entscheidungen, ohne vorher ihn zu fragen.

Es spricht nichts dagegen, die eigenen Pläne noch einmal zu überdenken, aber ist es wirklich Jesus, der zu mir spricht? Ich meinte unzählige Male, seinen Willen klar und deutlich zu erkennen. Zu 99,9 % bin ich dabei so was auf die Schnauze gefallen. Ob bei den restlichen 0,1 % wirklich Jesus zu mir gesprochen hat, gut möglich - gut möglich auch nicht.

Seit ich meine Entscheidungen basierend auf eigenen Erfahrungen, Gespräche/Fragen in meinem Umfeld/Beziehungsnetz und Wissensaufbau fälle, geht es mir sehr viel besser. Ich übernehme Verantwortung für mein Leben. Wenn es schiefgeht, stehe ich hin und sage: "Jawohl, ich habe so entschieden, mein Fehler." Wenn es gut geht, freue ich mich daran und bin auch ein wenig Stolz. Jesus spielt dabei ehrlicherweise keine Rolle. 

Liebe und Gemeinschaft

Durch Jesus soll ich eine tiefere Beziehung zu Gott und zu anderen Christen erfahren. Gott OK, aber das mit den anderen Christen scheint es in unserer Welt so gar nicht zu funktionieren. Jesus sollte (!!!) der Massstab im Umgang mit unseren Mitmenschen sein? Was ich von ihm erfahren habe, begegnet er uns auf Augenhöhe und mit Respekt. 

Ganz ehrlich, ich habe noch nie so viel Falschheit, Lüge und Hinterhältigkeit erlebt, wie in den frommen Kreisen. Ich versuche grundsätzlich, Menschen so zu behandeln, wie ich gerne behandelt würde. Dass ich dabei ohne Ende scheitere, liegt auf der Hand. Wenn ich immer wieder daran erinnert werde, bezeichnen die einen das als Gottes Stimme, für mich ist es zum grössten Teil Selbstreflexion, mich hinterfragen und das Bewusstsein Scheitern zu dürfen.

Veränderung und Wachstum

Dass ich mich weiterentwickle und (geistig) wachse, liegt in meinem eigenen Interesse. Ich setze entziehe mich dabei bewusst jedem Druck, der auf mich ausgeübt wird. Sei es näher am Vaterherz, jesusmässig leben, ihm ähnlicher werden und wie die unzähligen evangelikalen Prdigtfüller alle heissen. Wenn die Predigt Person 1000x sagt, dass alle, die Veränderung in ihrem Leben erfahren werden, sehe ich keinen Grund auch nach vorne zu gehen, um für mich beten zu lassen. 

Jesus ist unpersönlich geworden... 

und das ist gut so! Früher habe ich versucht, eine Beziehung zu Jesus zu pflegen, wie mit einem (imaginären) Freund. Heute ist er für mich der Sohn Gottes und eine Person aus der Bibel. Als ich 1984 ohne Selbstwertgefühl, gezeichnet vom geistigen und sexuellen Missbrauch an eine Evangelisation vom Pfarrer Fredy Staub mitgeschleift wurde, hat die Ansprechperson in unserer Kleingruppe die Gunst der Stunde genutzt und mich bekehrt.

Ich habe nun mehr als 38 Jahre versucht, ein gottgefälliges Leben zu führen. Dabei habe ich mir zig Predigten reingezogen, unzählige Workshops besucht und nun muss ich eingestehen, eine persönliche, lebendige Gottesbeziehung ist dabei nicht entstanden. Zur Bemerkung, man soll die Botschaft nicht mit den Botschaftern verwechseln. Ich habe wirklich versucht, sein Bodenpersonal von ihm zu trennen. Das Ergebnis habe ich hier ausgeführt. Mangels Alternativen bin ich trotzdem drangeblieben und habe geglaubt, gebetet, gehofft. Heute definiere ich meinen Glauben universeller, offener und liberaler. Evangelikale Hardliner bekommen ab solchen Aussagen den heiligen Angstschweiss und Befreiungsgebetsattacken. Sie würden sagen, ich sei vom (echten) Glauben abgefallen. Ich aber lebe und glaube nicht zu leben.

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Wie erklären Christen die Homosexualität

Die Theorie der dominanten Vaterfigur und der überbeschützenden Mutter in Bezug auf die Entstehung von Homosexualität wurde in den 1950er und 1960er Jahren von verschiedenen Psychologen und Psychoanalytikern aufgestellt. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Theorie war der US-amerikanische Psychiater Richard von Krafft-Ebing. Er glaubte, dass Homosexualität durch einen übermässig dominanten Vater und eine emotional überbeschützende Mutter verursacht werden könnte.

Eine andere bekannte Theorie, die ähnliche Ideen vertrat, wurde von Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse, entwickelt. Freud sah die Ursache von Homosexualität in einer unreifen psychosexuellen Entwicklung während der frühen Kindheit. Er argumentierte, dass Jungen, die keine angemessene Identifikation mit dem Vater entwickeln, später homosexuell werden könnten.

Es ist wichtig anzumerken, dass diese Theorien in der wissenschaftlichen Gemeinschaft stark umstritten sind und nicht durch robuste empirische Forschung gestützt werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verständnis von Homosexualität und ihrer Entstehung deutlich weiterentwickelt, und es gibt breiten wissenschaftlichen Konsens darüber, dass sexuelle Orientierung kein Ergebnis von familiären Dynamiken oder Erziehung ist, sondern ein komplexes Zusammenspiel von genetischen, hormonellen, neurobiologischen und Umweltfaktoren.

Die wissenschaftliche Forschung hat gezeigt, dass Konversionstherapien oder Reparativtherapien, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung einer Person zu ändern, potenziell schädlich sind und keine positiven Ergebnisse erzielen.

Mehrere renommierte medizinische und psychologische Fachverbände haben umfangreiche Forschungen zu diesem Thema durchgeführt und klare Standpunkte dazu entwickelt. Die American Psychological Association (APA) stellt beispielsweise fest, dass es keine überzeugenden Beweise dafür gibt, dass Konversionstherapien die sexuelle Orientierung einer Person verändern können. Gleichzeitig weist die APA darauf hin, dass solche Therapien mit erheblichen Risiken verbunden sind, einschliesslich psychologischer Schäden, Angstzuständen, Depressionen und Selbstmordgefährdung.

Darüber hinaus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Konversionstherapien als eine Praxis verurteilt, die Menschenrechtsverletzungen darstellt und zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Mehrere Länder haben bereits Gesetze erlassen, um Konversionstherapien zu verbieten oder einzuschränken, und weitere Länder prüfen ähnliche Massnahmen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Anerkennung der sexuellen Orientierung als natürliche Vielfalt und die Unterstützung von LGBTQ+-Menschen in den meisten modernen Gesellschaften zunimmt. Die meisten aktuellen Therapieansätze konzentrieren sich auf die Förderung der Akzeptanz, Selbstakzeptanz und psychischen Gesundheit von LGBTQ+-Individuen, anstatt darauf abzuzielen, ihre sexuelle Orientierung zu ändern.

Es gibt einige Bibelstellen, die oft als Grundlage für die Ablehnung der Homosexualität zitiert werden. Diese Stellen werden von einigen religiösen Gruppen und Auslegungen als Verurteilung oder Untersagung homosexuellen Verhaltens interpretiert. Hier sind einige Beispiele:

  1. Levitikus 18:22: "Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel."

  2. Levitikus 20:13: "Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen."

  3. Römer 1:26-27: "Deshalb hat Gott sie auch dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen; gleicherweise haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind gegeneinander entbrannt in ihrer Begierde und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihres Irrwahns, wie es ja sein musste, an sich selbst empfangen."

Es ist wichtig zu beachten, dass die Auslegung und Interpretation dieser Bibelstellen kontrovers diskutiert wird. Unterschiedliche religiöse Traditionen und Theologen haben unterschiedliche Auffassungen über ihre Bedeutung und Anwendbarkeit. Es gibt auch theologische Interpretationen, die diese Stellen in einem anderen Kontext betrachten oder ihre Anwendbarkeit auf moderne Verständnisse von Homosexualität infrage stellen.

Es ist ratsam, bei Fragen der religiösen Auslegung und Ethik die Ansichten und Interpretationen verschiedener Theologen, Gemeinschaften und religiöser Quellen zu berücksichtigen.

Nein, Homosexualität ist keine Frage des Lebensstils. Homosexualität bezieht sich auf die sexuelle Orientierung einer Person, also auf die romantische, emotionale und/oder sexuelle Anziehung zu Personen des gleichen Geschlechts. Es ist wichtig zu verstehen, dass sexuelle Orientierung ein intrinsisches Merkmal ist und nicht etwas, das durch Wahl oder Lebensstil geändert werden kann.

Der Begriff "Lebensstil" bezieht sich normalerweise auf die individuellen Entscheidungen, Präferenzen und Gewohnheiten einer Person in Bezug auf Aspekte wie Kleidung, Ernährung, Hobbys oder Lebensweise. Homosexualität ist jedoch keine Entscheidung oder Präferenz, sondern ein Teil der Identität einer Person.

Es ist wichtig, zwischen sexueller Orientierung und tatsächlichem Verhalten zu unterscheiden. Homosexuelle Menschen können in verschiedenen Lebensstilen leben, genau wie heterosexuelle Menschen. Die sexuelle Orientierung einer Person definiert nicht ihren gesamten Lebensstil, sondern ist lediglich ein Aspekt ihrer Identität.

Nein, die sexuelle Orientierung kann nicht frei gewählt oder verändert werden. Die wissenschaftliche Forschung deutet darauf hin, dass sexuelle Orientierung eine komplexe Kombination von biologischen, genetischen, hormonellen, neurologischen und Umweltfaktoren ist, die in der Regel früh im Leben entstehen und weitgehend stabil bleiben.

Die überwiegende Mehrheit der LGBTQ+-Menschen gibt an, dass ihre sexuelle Orientierung eine grundlegende und natürliche Eigenschaft ihrer Identität ist, über die sie keine Kontrolle haben. Viele Menschen erkennen ihre sexuelle Orientierung bereits in jungen Jahren, lange bevor sie eine umfassende Kenntnis der Sexualität oder der sozialen Normen haben.

Es ist wichtig zu betonen, dass jeder Mensch das Recht hat, seine eigene sexuelle Orientierung zu akzeptieren und zu erforschen, ohne dass er sich dafür rechtfertigen oder ändern muss. Die Förderung der Akzeptanz und des Respekts für die Vielfalt sexueller Orientierungen ist ein wichtiger Aspekt der Gleichberechtigung und Menschenrechte.

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Satanic Panic - die einfache Lösung



Was denkst du über Satanic Panic
?  

Ist sie für dich real und wenn ja, warum? Gibt es die geheimen Gruppierungen in allen Gesellschaftsschichten wirklich, die sich treffen, Babys opfern, deren Blut trinken und Frauen reihenweise vergewaltigen? Ich persönlich war an drei Lossprachen - Befreiungsgebeten dabei, weil es der Teufel anscheinend auf mich abgesehen hatte. Im Rückblick sehe ich Parallelen, zwischen dem, was ich erlebt habe und den Dynamiken vom Satanic Panic Phänomen.
 

Durch meine persönlichen Erfahrungen... 

und was ich aus den Medienberichten entnehme, ist mir aufgefallen, dass die Opfer, die Therapeutinnen und die Täterschaft in den meisten Fällen in irgendeiner Weise mit (Frei)Kirchen und/oder einem fundamentalistischen, charismatischen Glaubensbild in Verbindung stehen. Doch warum ist das so? Sind gläubige Christinnen anfälliger für rituellen Missbrauch? Hat es der Teufel speziell auf die Jüngerinnen seines Feindes, Gott dem Allmächtigen abgesehen?

Ich spreche dich frei...

Der Hauptgrund, warum ich mich 1984 zum (christlichen) Glauben bekehrte, war, weil es mir in dieser Zeit sehr schlecht ging. Mein Selbstvertrauen wurde systematisch zerstört. Heute würde ich diese massiven Grenzüberschreitungen als psychischen Missbrauch bezeichnen. In der Jugendevangelisation von Pfarrer
Fredy Staub wurde mir vom Glauben an Jesus Christus als "den einzigen richtigen Weg" zu meinem besseren Wohlbefinden angepriesen. Es fielen sogar Sätze wie: "Jesus ist die Lösung für all deine Probleme". Doch es kam anders.  
 
Da es mir noch schlechter ging, als vor meiner Bekehrung und Suizidgedanken mich täglich begleiteten, wandte ich mich Hilfe suchend an die Leiterinnen der örtlichen Jungen Kirche, die ich besuchte. Sie kamen nicht im Entferntesten auf den Gedanken, dass ich fachliche Hilfe benötige. Der Grund für meinen Zustand war der Teufel und seine Dämonen. Der habe gar nicht Freude, wenn sich eine verlorene Seele wie ich dem Herrn zuwende. Darum werde ich nun auch frontal aus der unsichtbaren Welt angegriffen. 
 
In meiner Not griff ich nach jedem Stohhalm, der mir hingehalten wurde. Da ich hochsensibel und feinfühlig bin, merkte ich, dass mich "etwas" belastete und mich nicht losliess. Da war der Teufel die einfachste Antwort, die mir präsentiert wurde. Zumal diese Theorie durch die Bibel unwiderruflich bestätigt ist. Trotzdem ging es mir immer noch nicht besser. Ich erlebte die reale psychische Grenzüberschreitung. Die konnte ich aber nicht genauer beschreiben, weil das Erlebte einfach zu übermächtig war. Mir wurde eingeredet, dass ich an allem, was in meinem Umfeld schieflief, schuld war. Diese Erkenntnis erdrückte mich fast. Sie war für mich real und ich glaubte daran. Nun wird mir aber der Teufel, in dieser Person, als Verursacher präsentiert.
 
Um ihn aus meinem Leben hinauszubefördern, liess ich mich zu einer sogenannten Lossprache drängen. Da musste ich Menschen, die ich nicht wirklich kannte, meine tiefsten, innersten Probleme offenbaren. Dinge, die ich teilweise nicht einmal vor mir selber formulieren konnte. Weil dieses Befreiungsgebet nichts nutzte, schleppte mich der Jugendgruppenleiter zu einer weiteren Sitzung mit einer höheren Stufe. Da wurde mir von einer sogenannten Prophetin offenbart, was in meinem Leben alles falsch lief. Ich glaubte ihr. Der Teufel und seine Dämonen waren in meinem Leben Wirklichkeit geworden. Ich bin belastet und nur Gott kann mich davon heilen.


Zum 3. Mal wurde ich retraumatisiert, als ich mich entschloss, meine Probleme in einem christlichen
Selbsthilfekurs
anzugehen. Die laufen in der Regel so ab, dass im ersten Teil gelehrt wird, oder
man bespricht den nächsten Schritt, der im Begleitheft ausgeführt wird. Danach bespricht man
das in den Kleingruppen. In diesem Setting passiert auch die sogenannte Aufarbeitung. Jede Person erzählt alles, was sie beschäftigt und mit dem sie nicht klarkommt. Geheimnisse darf es keine geben. Denn nur wenn alles ans Licht kommt, kann es auch vergeben und geheilt werden. Warum muss ich mich, als Hilfesuchender mit den Bordellbesuchen einer anderen Person auseinandersetzen? Ich musste mir Schilderungen von schwersten Misshandlungen aber auch (angeblichen) Missbrauch als Baby anhören. Geschätzt 2/3 der Frauen berichteten von solchen Erlebnissen. Eine Aufarbeitung in einem Kreis mit lauter traumatisierten Menschen und ohne fachliche Unterstützung kann auf keinen Fall gut gehen!


Das dualistische Weltbild... 

Gott = gut und Teufel = schlecht, bildet die Grundlage von vielen Christ*innen. Dieser Glaube darf auf keinen Fall versagen. Auf Portalen wie Livenet.ch werden von endlosen Erfolgsgeschichten und Heilungen berichtet. Wenn einmal von einem Zerbruch die Rede ist, dann nur, weil Gott es wieder gerichtet hat. Darum muss für alle Probleme eine christliche Lösung her. Für mich ist das ein Auslöser, warum bei der Satanic Panic einseitig die Diener des Teufels als Verursacher in den Fokus gestellt werden.
 

Wenn eine Freikirche Seelsorge anbietet... 

ist diese oft nicht fachlich fundiert. Es ist ein grosses Glück, wenn zumindest in der Leitung jemand sitzt, der psychologisch geschult ist. Meistens sind es Personen, die fest und überzeugt in ihrem Glauben stehen und wenn, eine christliche Ausbildung absolviert haben.  Darum ist eine wertneutrale Beratung aus meiner Sicht nur selten möglich. So wird z.B. queeren Menschen eingeredet, dass sie ihren homosexuellen Lifestyle ablegen müssen. Ähnlich christlich geprägte Antworten sind zu erwarten, wenn es um Probleme geht, welche die
Beraterinnen nicht einordnen können.


Ein Verschwörungsmythos? 

Nun sucht eine traumatisierte Frau die Beratung auf. Was sie erzählt, gleicht einem Missbrauch. An Details kann sie sich aber nicht erinnern. Weil sie die Ursache oder Täterschaft nicht genau benennen kann, liegt aus christlicher Sicht eine Belastung durch den Teufel bzw. seine Gehilfen nahe. Die Täterschaft sind meistens irgendwelche dubiose geheime Zirkel. Da bis jetzt kein einziger Fall bewiesen werden konnte oder zur Anklage kam, lässt auf die Beteiligung von Polizei, Gerichte und der Regierung schliessen. So etwas ist aus meiner Sicht ein klassischer Verschwörungsmythos. Pizzagate und Deep State lassen grüssen. 


False Memory...

Weil Gläubige meinen, auf alles eine Antwort zu wissen, beginnt hier eine mögliche Manipulation. Es ist ein Unterschied, ob man fragt: "Wie hast du dich in dieser Situation gefühlt", oder: "Du musst die Präsenz des Teufels gespürt haben." Ich wurde z. B. so manipuliert, dass ich felsenfest überzeugt war, die Person, welche mich psychisch missbraucht hatte, habe sich auch sexuell an mir vergangen. Das
False Memory Syndrom hat Frank Urbaniok in seinem YouTube
Vortrag ausführlich beschrieben. Für mich ist das eine naheliegendste Ursache für die Satanic Panic. 
 
Vom Seelsarger zum Seelsorger 

Aus meiner persönlichen Erfahrung und was ich in meinem Umfeld mitbekommen habe, wurde die Seelsorge in zu vielen Fällen zum Seelensarg. Menschen wurden dadurch manipuliert, retraumatisiert und in einem mir bekannten Fall fast in den Suizid getrieben. Ich sehe in folgenden zwei Punkten Handlungsbedarf: 
 
Psychiater und Psychotherapeut*innen haben im Gegensatz zu den Seelsorgerinnen und Lifecoaches studiert. Das ist keine Erfolgsgarantie, setzt aber ein Grundwissen der Psychologie voraus. Es fehlt aus meiner Sicht eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Angeboten. Es ist überlebenswichtig, dass ein Mensch mit psychischen Problemen fachliche Hilfe bekommt und nicht (nur) freigebetet wird. Aus meiner Sicht wäre eine Vereinbarung zielführend, zu der sich Beraterinnen, Freikirchen etc. bekennen. Mit einem solchen Label haben die Hilfesuchenden eine Art Garantie, dass gewisse Standards eingehalten werden.  
 
Die Selbsthilfegruppe hat ihre Grenzen. Die (christliche) Vorgehensweise: Im 1. und 2. Kurs Teilnehmer, im 3. Co-Leiter und im 4. verantwortlich für die ganzen Selbsthilfe treffen ist meiner Meinung kontraproduktiv und kann zu Überforderung von Teilnehmer- und Leiterinnen führen. In der Gruppe erfahre ich, dass eine Person Bordelle besucht oder eine andere gegenüber seinem Partner übergriffig wurde. So etwas will und soll ich einfach nicht wissen.  Solche Angebote müssen aus meiner Sicht zwingend von Fachpersonen begleitet werden.
 
Ich schreibe hier von meinen ganz persönlichen, subjektiven Erfahrungen. Es handelt sich ausschliesslich um meine eigene Meinung und Empfindung. Darunter fallen besonders meine Aussagen zu der christlichen Seelsorge. Für mich ist sie nicht generell schlecht, aber auch nicht grundsätzlich “gesund”. Hinweis: Anstatt zu gendern benutze ich die weibliche Form.

Links

CLICK Satanic Panic eine Podcastserie von SRF NewsPlus Hintergründe

CLICK Stammtisch Podcast von RefLab in dem Satanic Panic thematisiert wird

CLICK
Satanic Panic 01 von SRF rec

CLICK Satanic Panic 01 Q&A von SRF rec

CLICK Satanic Panic 02 von SRF rec

CLICK Satanic Panic 02 Q&A von SRF rec

CLICK Satanic Panic 03 von SRF rec

CLICK Satanic Panic 03 Q&A von SRF rec

CLICK Y-Collektiv Rituelle Gewalt und Scheinerinnerungen

CLICK Vortrag der Psychiatrie St. Gallen von PD Dr. med. Thomas Maier

CLICK False Memory - eine mögliche Ursache von Satanic Panic - Vortrag von Frank Urbaniok

CLICK Satanic Panic - ausführliche Definition von Wikipedia (englisch)

CLICK Satanic Panic - Eintrag bei relinfo.ch

CLICK Rituelle Gewalt - Definition von Wikipedia

CLICK Dualistisches Weltbild - Definition von von Wikipedia

CLICK Endlich Leben Gruppen, für mich ein Beispiel wie Menschen retraumatisiert werden können.

CLICK Cara der christliche Verein, der die "angeblich" rituelle Gewalt thematisiert/beweisen will.



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Jesus hat keine Antwort

Jesus ist die Antwort für die Welt von Heute

Was geht dir durch den Kopf, wenn ein Redner sagt: "Jesus will dich heilen, komm zu ihm und du wirst es erfahren." Bist du offen, für deine übernatürliche Heilung? Gott hat Corona besiegt, in seinem Namen sei geheilt. In Amerika gibt es eine grosse Anzahl von (reichen) TV Evangelisten und Christen, die so und noch extremer argumentieren. Wenn du nicht geheilt wirst, sind die Standardantworten, dass du zu wenig glaubst oder dass noch Sünde in deinem Leben ist. Kostprobe gefällig? Die findest du (in Englisch) hier.

Obschon es haarsträubend ist, was in Amerika alles unter dem Deckmantel evangelikal und charismatisch läuft, gibt es Ähnliches auch hier in der Schweiz und sogar in meinem Nachbardorf. Da behauptet ein Heilungsevangelist: Wer die Bibel in einem kindlichen Glauben liest, dann sehen wir, dass Zeichen und Wunder zum christlichen Alltag dazugehören, sonst ist das kein normales Christentum. Mit anderen Worten, wer die Bibel liest und es passieren keine Wunder (Heilungen) in seinem Leben, der ist kein richtiger Christ (Quelle Livenet-Talk).

Warum müssen Hilfesuchende mit einem Wunder überredet werden, an Gott zu glauben? Warum braucht es perfekt inszenierte Shows oder eine Lowbudget Evangelisation, bei der die übernatürlichen Wunder so betont werden? Ohne Heilung kein Glaube könnte man meinen. Obschon in der Bibel sehr wohl von Versagern die Rede ist höre und lese ich in den Medien praktisch ausschliesslich über die Erfolge des christlichen Glaubens.

Der Glaube darf nicht versagen. Darum müssen wir in allem Leid Gottes Güte und Sieg sehen. Auch wenn es uns noch so verschissen, geht, Gott einen Plan. Ich kenne den Gründer vom Zwischenraum persönlich. Er hat mir erzählt, dass er praktisch 30 Jahre um Heilung von der Homosexualität gebetet hat und es ist nichts passiert. Hat er zu wenig oder zu wenig lang gebetet? War er nicht aufrichtig genug? Warum wurde er nicht geheilt?


Keine Antwort ist oft die bessere Antwort

Als ich mich zum christlichen Glauben bekehrte, war ich in einer Lebenskrise. Ich überschüttete den Helfer an der Evangelisation von Fredy Staub mit meinen Lebensfragen. Auf alle wusste er bzw. Jesus eine Antwort. Meistens waren es jedoch Floskeln. Dass ich nach meiner Hinwendung zu Jesus viele Jahre von Zweifeln und Depressionen zerfressen wurde, weil bei mir der Glaube nicht klappte und ich keine Heilung und Wunder erlebte, ist ein anderes Thema.

Jesus hat vielleicht nicht auf alles eine Antwort. Seine Jünger aber schon.

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Ich glaube an Gott und nicht an die Gemeinde

Frage Gott hinterfrage nicht die Church

Was kommt ihnen bei dem Begriff Freikirchen in den Sinn? Was denken sie über Sex vor der Ehe und der Abgabe von 10% des Einkommens an die Gemeinde? Ich glaube an einen lebendigen Gott, und dass Jesus für uns den Tod am Kreuz auf sich nahm. Den Glauben an ein christliches, konservatives Weltbild, geprägt von Bibelauslegungen und den eng definierten Strukturen, habe ich verloren.

Ich bin kein Aussteiger und habe mich nicht von meinem Glauben abgewendet. Über 20 Jahre bewegte ich mich im christlichen Kuchen und habe mich von ihm ernährt. Manche Stücke schmeckten mir hervorragend. Bei anderen habe ich mich gefragt ob die Rezepte auch gesund sind. Je mehr ich mich mit der Zusammensetzung, Aufbau und Struktur meiner Ernährung beschäftigte, merkte ich, dass dieser Kuchen oder Teile davon, mich krank machen.

Glaube und vertraue, sind Wörter, die man in vielen Predigten hört. In meiner Kindheit habe ich verschiedenartige Grenzüberschreitungen erlebt. Darum gibt es bei mir kein blindes Vertrauen mehr. Wenn ich einer christlichen Autoritätsperson glauben soll, dann will ich auch fragen und hinterfragen können. Doch das wird in christlich konservativen Kreisen, (wie auch in Sekten) gar nicht gerne gesehen:

„Ich spüre bei dir einen Geist der Rebellion. Meinst du wirklich, Gott hat Freude daran, wie du über ihn denkst?“ Im Klartext heisst das: Du hast mich als Leiter der Gemeinschaft ohne Wenn und Aber zu respektieren. Wenn du das nicht willst, entsprichst du nicht mehr meinem Bild eines gläubigen Christen.

Das sind meine persönlichen Erlebnisse. Die aufgeführten Beispiele habe ich so erlebt, oder kenne sie aus erster Hand und nicht vom Hören Sagen. Ich spreche nie über „alle“ gläubigen Christen, und bemühe mich, nicht alle in einen Topf zu werfen. Mein Ziel ist, ungesunde Grundlagen, Strukturen und Mechanismen von christlichen Gemeinschaften und Freikirchen zu erläutern. Es gibt viele Situationen in diesem System, wo gläubige Menschen manipuliert und missbraucht werden können. In einige bin ich hineingeraten. Herauszukommen hat mich sehr viel gekostet.

Jesus löst all deine Probleme

Lange Zeit war dieser Spruch das Hauptargument, um Menschen zu bekehren. Jugendliche haben es nicht leicht. Das Erwachsenwerden ist schwierig und wird es immer sein. Wenn jemand voll Eifer und mit einem übersteigerten Sendungsbewusstsein von einer Lösung für alle Probleme spricht, lassen sich viele Teenies mitreissen. Das dem nicht so ist, erfahren sie spätestens, wenn die sorgenvolle Mutter gar nicht zufrieden ist, dass es bei der Evangelisation länger gedauert hat als mit ihr vereinbart.

Ein grosser Teil der Menschen, die sich für den christlichen Glauben entscheiden, erhalten dadurch ein Fundament und Halt, der sie trägt. Sie haben ihrem Leben einen Sinn gegeben. Es gibt aber auch die, welche an ihrem Glauben scheiterten. Sie brachten es nicht fertig, so zu leben, wie es in der Bibel steht und vom Pastor gepredigt wird. Vor den Augen des härtesten Gerichts der Welt, den christlichen Brüdern und Schwestern, wurden sie immer wieder schuldig gesprochen.

Von diesen Schicksalen hört und liest man nichts. Auf den christlichen Medienportalen reihen sich Wunder an Wunder. Der Glaube muss eine einzige Erfolgsgeschichte sein. Jesus heilt von allen möglichen Krankheiten und bewegt Menschen ihren ungesunden Lebensstiel zu ändern. Alkohol, Drogen, Missbrauch alles kann er heilen. Ich glaube an Wunder. Stutzig werde ich jedoch, dass ich selten von jemandem höre, bei dem es nicht funktioniert hat. Offensichtlich darf der Glauben nicht versagen. Wenn von Problemen und Scheitern gesprochen wird, dann nur wie, sie überwunden werden konnten. Versagen existiert im christlichen Wortschatz nicht.

Als ich einen Leiter einer Gemeinschaft fragte ob, es in seinem Leben eine Situation gegeben hat, in der er sich nicht auf seinen Glauben stützen konnte, erhielt ich Bibelstellen und keine Antwort. Das Burnout des Predigers hat ihn innerlich wachsen lassen. Das, obschon er bei einer zufälligen Begegnung in der Stadt aussah, als springe er von der nächsten Brücke. Die frisch verheiratete und bekehrte Frau hatte im Glauben all ihre Medikamente abgesetzt, denn Gott ist jetzt ihr Arzt. Ich wunderte mich nur, dass sie selbst auf mich als Laien, einen psychisch labilen Eindruck hinterliess.

Auch wenn heutzutage immer weniger vom Problemlöser gesprochen wird, Jesus ist noch immer die Antwort auf alle Fragen des Lebens. Wenn sie im Gebet von Gott nicht beantwortet werden, übernimmt das sehr gerne ein Gemeindemitglied, Seelsorger oder Pastor. Sie sind die Spezialisten für meinen finanziellen, sexuellen und existentiellen Probleme.

Überzeugte Christen, die keine Antwort wissen und sich nicht mit einem passenden Bibelzitat aus der Situation zu retten versuchen, gibt es aus meiner Sicht immer noch zu wenig. Auf mich hinterlässt es aber einen grösseren Eindruck, wenn ein Mann Gottes kapituliert, als wenn „Jesus all deine Probleme löst.“

Der Mensch denkt – der Pastor lenkt

Ein feuriger, motivierender und mitreissender Pastor zieht Massen in seinen Bann. Seine Worte werden als Podcast aufgenommen und persönlich notiert. In der nächsten Woche wird die Predigt in den Hauskreisen erörtert. Man diskutiert, wie wir gemeinsam dem vorgegebenen Ziel näherkommen. Thema ist, wie man das Gehörte umsetzen kann, aber sicher nicht, ob er mit seiner Ansicht richtig lag.

Wir müssen uns dem Gemeindeleiter unterordnen, denn das ist ein biblisches Prinzip. Er geniesst unser uneingeschränktes Vertrauen. Seine Worte sind alle zu 100% biblisch begründet. Es ist wie

Gott durch seinen Mund zu uns spricht. Fragen zu den Beweggründen, warum er genau zu dem Schluss gekommen ist, sind verpönt. Seine Bibelauslegung zu hinterfragen ist verboten. Als rechtschaffenes Mitglied habe ich gar keine andere Wahl, als dieser einen Person zu glauben.

Wenig Christen setzen sich mit der Bibel auch kritisch auseinander. Meistens bleibt es bei einer täglichen Bibellese, mit Hilfe eines Leseplans. Das ist grundsätzlich nicht schlecht und für viele eine Bereicherung. Durch sein „hauptberufliches Bibelstudium“ ist aber der Pastor im entscheidenden Vorteil. Er hat sich länger und intensiver mit dem Wort Gottes auseinandergesetzt. Darum fällt es vielen Gottesdienstbesuchern leicht, seine Predigt 1:1 zu verinnerlichen, als eine eigene Ansicht zu übernehmen.

In charismatischen Gemeinschaften wird auf das „Gott erleben“ einen grösseren Wert gelegt als auf das Bibelstudium. Oft dient als Gottesdienstgrundlage ein oder zwei Verse. In Ausnahmefällen, wird noch in ein paar Sätzen, das damalige Umfeld beleuchtet. Was danach folgt ist ein Erlebnisbericht vom Pastor.

Einmal hörte ich eine dreiviertel Stunde zu, wie er auf der Fähre nach Sardinien eine Windhose beobachtet hat, in der sich ihm am Ende Gott offenbart hat. Komischerweise schien bei einem anderen Prediger an zwei verschiedenen Besuchen die Sonnenstrahlen genau auf unsere Stadt. Dass beim zweiten Mal das ganze Mittelland bedeckt war, ist ein anderes Thema.

Das sind zwei harmlose Fälle. Was ist aber, wenn über Finanzen gepredigt wird, und sich dadurch jemand gedrängt fühlt, mehr zu geben, als eigentlich sinnvoll für ihn ist? Entspricht es auch dem Willen Gottes, dass er dadurch in Zahlungsrückstand gerät? Ein amerikanisches Beispiel gefällig? Bitte schön:

Ein amerikanischer Pastor erklärte im Gottesdienst, wie er das „Homosexuelle Problem lösen wolle. Er sperrt Schwule und Lesben in zwei getrennte umzäunte Felder und werfe ab und zu etwas Essen ab. Seine Respektlosigkeit ist das Eine. Noch viel schlimmer war für mich, dass einige seiner Gemeindemitglieder seine Aussage mit „Yes Preacher“ beantworteten.

„Ich gebe nur Denkanstösse. Was die Gottesdienstbesucher daraus machen, ist ihre Sache.“  Mit solchen und ähnlichen Ausreden stehlen sich die Diener am Wort oft aus der Verantwortung. Dabei missachten manche bewusst, dass zwischen dem Gemeindemitglied und dem Pastor ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Es ist nicht einfach ein Vortrag, bei dem der Besucher selbst entscheiden kann, was auf seine Situation zutrifft und was nicht. Menschen in seelischen Nöten gibt es, wider Erwarten, viele in den Gemeinschaften. Oft haben sie jede Objektivität verloren und setzen in ihrer Situation alles und ich meine wirklich alles auf den Glauben. Der Verstand wird dabei ausgeschaltet.

Denn wenn der Pastor sagt, dass man wirklich alle Bereiche seines Lebens ihm (bzw. Gott) übergeben muss, dann tut man das. Hinterfragen und dem Prediger kritische Fragen stellen ist nicht gern gesehen und verpönt. Die Gemeindeleitung ist von Gott eingesetzt. Kritisiert man sie, dann kritisiert man Gott direkt.

Die Auslegung des Predigers sind gleichzusetzen mit dem Wort Gottes. Wenn er das Massaker in einem Club für Homosexuelle in Orlando als gerechte Strafe Gottes bezeichnet, dann spricht er im Namen des Herrn. Ich behaupte mal, die meisten Prediger sind sich ihrer Macht sehr wohl bewusst. Ihnen liegt das Wohl der Gemeinde so am Herzen, dass sie ihren Schäfchen gerne ein bisschen nachhelfen, und sie gezielt in die eine oder andere Richtung lenken.

Die Predigt – eine unendliche Erfolgsgeschichte

Hand aufs Herz, haben sie schon einmal eine Predigt gehört, bei der es um das Versagen oder Scheitern ging, das am Schluss nicht überwunden wurde und sich in Luft aufgelöst hat? Wenn ich ehrlich bin, erlebe ich mehrheitlich Rückschläge, ich versage täglich und scheitere stündlich. Viele dieser Erlebnisse bleiben, was sie sind, ein Scheitern. Ich kann nicht nachvollziehen, warum in gefühlten 120% der Gottesdienste nur Erfolgsgeschichten erzählt werden.

Es wird ein Problem thematisiert, das der Pastor vor langer Zeit einmal hatte. Garniert mit ein paar Bibelsprüchen wird nun den Gottesdienstbesuchern suggeriert, dass auch sie in ihrem Leben damit zu kämpfen haben. Danach werden das Elend und die Verzweiflung möglichst bedrohlich ausgemalt. Am Schluss kann man für sich beten lassen. Nach dem letzten Song haben alle im Raum das Problem des Pastors in ihrem Leben erkannt und überwunden.

Als ich einen Leiter fragte, ob er auch mal versage und erlebe, dass Gott ihm nicht geholfen hat, erhielt ich eine Antwort, die jeden Politiker geehrt hätte. Ich bekam Ausflüchte, Durchhaltesprüche und eine Aufzählung wo überall Jesus siegte zu hören. Ehrlichkeit tönt meiner Meinung anders.

Misserfolg, Scheitern und eine längere Zeit am Boden liegen haben in vielen christlichen Gemeinschaften keinen Platz. Wenn, dann nur mit dem Spruch: „Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weiter gehen.“ Denn wenn ich versage, versagt mein Glaube und dann versagt Gott. Das darf und kann nicht sein. Gott nimmt uns zwar an so wie wir sind, die Gemeinde will uns trotzdem zu einem besseren Menschen machen. Egal ob wir wollen oder nicht.

Gott nimmt uns an so wie wir sind – nicht die Gemeinde

Menschen die neu in eine Gemeinde kommen wird in den schönsten Farben beschrieben, wie Gott sie annimmt, egal was sie getan haben oder wie sie sich fühlen: „Er nimmt dich an, genauso wie du bist“. Sobald jemand regelmässig zu den Veranstaltungen kommt und wenn er sich sogar noch bekehrt, muss er so geformt werden, dass er dem Bild eines gläubigen Christen entspricht. Nach meinem Verständnis sollte, das durch den Glauben und die Beziehung zu Gott geschehen. In der Praxis übernehmen aber die Gemeindeleitung und die Brüder und Schwestern im Herrn noch so gerne diese Aufgabe.

Nachdem die Menschen vor Gott geführt wurden, dreht sich der Wind und er bläst ihnen direkt ins

Gesicht. Jetzt wird fein säuberlich aufgeführt, was wir alles verändern müssen, damit wir dem

Willen Gottes – oder besser der Gemeinde – entsprechen.  Wir alle wissen, dass Jesus der einzige Mensch ohne Sünde war, und trotzdem wird von den Gläubigen erwarten, dass sie das auch anstreben.

Es gibt unzählige Sünden. Neben den strafrechtlich relevanten Vergehen ist deren Definition aber sehr individuell. Die einen nehmen die Bibel wortwörtlich. Dass viele Bibelstellen durchaus Raum zur Interpretation offenlassen, wird ignoriert. Genauso wie sie den Text verstehen, entspricht dem Willen Gottes und ist somit allgemeingültig.

Eine Bekannte pflegte eine Beziehung zu einem damals verheirateten Mann. Vom Hauskreisleiter wurde ihr nahegelegt, sie zu beenden, denn das sei nicht Gottes Wille und werde in der Bibel als Sünde bezeichnet. Das sagte er zu einer Frau, die sich erst frisch mit dem christlichen Glauben befasst. Auf ihre Frage: Ich liebe diesen Mann und kann meine Gefühle nicht einfach abstellen, wusste der Leiter keine Antwort. Im Gegenteil, für seine biblisch konservative Argumentation holte er sich extra Schützenhilfe vom Gemeindeleiter. Die Bekannte wurde aus dem Hauskreis geworfen. Dann wenn sie die Unterstützung am meisten gebraucht hätte.

Ein homosexueller Mann hat es buchstäblich innerlich zerrissen. Er suchte einen Ausweg aus seiner unerträglichen Lebenssituation. Er war der Überzeugung, ihn im christlichen Glauben gefunden zu haben. Er wurde vom Seelsorgeteam und dem Gemeindeleiter so in die Mangel genommen, dass die vermeintliche Lösung für seine Probleme, diese nur noch verschlimmerten. Der Pastor sprach vor der versammelten Gemeinde sehr abfällig über ihn, als den armen sündhaften Schwulen.

Die sexuelle Veranlagung thematisiere ich ganz bewusst nicht. Wohl aber den respektlosen, menschenverachtenden Umgang innerhalb von christlichen Gemeinden. Passt jemand nicht zu 120% in das gepredigte Glaubensschema, ist er ein Störfaktor und muss sich anpassen, oder er wird voller christlicher Nächstenliebe aus der Kirche geekelt.

Die Bibel – das Schwert Gottes und die Axt der Menschen

In der Bibel steht… dann folgt meistens eine wahllose Ansammlung von Versen, um die Verurteilung eines „geliebten“ Mitmenschen zu rechtfertigen. Wenn man eine Aussage gefunden hat, die nicht dem eigenen Bibelverständnis entspricht, ist das ein Freipass, um loszuschlagen.

In meiner Zeit in einer Lebensgemeinschaft wurde ich behandelt, als hätte ich eine Todsünde begangen. Warum – weil ich mir am Sonntagabend erlaubt habe meine Arbeitskleider für den Montag zu waschen. „In der Bibel steht, dass der 7. Tag dem Herrn gehört. Da liegt Waschen nicht drin, denn das verstösst gegen das Wort Gottes.“

Diese Moralpredigt des Leiters habe ich noch einigermassen gut überstanden. Aber was ist mit Menschen, denen geraten wird, sich scheiden zu lassen, weil der Partner nicht die gleiche Glaubensrichtung teilt?

Eine gute Freundin, fuhr in die Ferien und schlief neben und nicht mit ihrem Freund im gleichen Zimmer. Darauf wurde sie der Hurerei bezichtigt.

Wie ergeht es Leuten, denen das Verderben oder den Tod gewünscht bzw. prophezeit wird? In der Bibel steht… und das was nachher folgt, hat oft nichts mit Respekt, Anstand und Wertschätzung gemeinsam. Die Bibel als Rechtfertigung missbraucht zu kritisieren, verurteilen und zu verdammen. Dieses Buch wird wie eine Streitaxt geführt, um Mitmenschen wieder auf den vermeintlichen Weg des Herrn zurückzuschlagen.

Die Bibel ist selten so glasklar und eindeutig, wie viele selbsternannte christliche Glaubenswächter das vielleicht gerne hätten. Wenn man mit ihnen über ihre Argumente diskutieren will, beisst man aber auf massiven, praktisch unzerstörbaren Granit. Die Bibel ist das Wort Gottes und somit unfehlbar. Die Bibel muss ohne Abstriche 1:1 in die heutige Zeit übernommen werden.

Die wenigsten von uns haben Theologie studiert. Aber wer die Schule besuchte, hatte sicher auch Geschichtsunterricht. Es würde niemandem einfallen, ein Buch über Erziehung aus dem 18 Jahrhundert Heute Wort für Wort anzuwenden. Die Menschen, ihr Umfeld, die Welt verändert sich. Dem wird Rechnung getragen. Nicht so mit der Bibel.

Es gibt zig Abhandlungen, Interpretationen und Auslegungen über die Bibel. Selbst unsere Reformatoren waren sich öfters nicht einig, wie gewisse Texte zu verstehen sind. Trotzdem sind viele Christen mit konservativem Bibelverständnis der Meinung, nur so wie sie oder besser ihr Prediger die Texte interpretiert, ist der einzig richtige Weg, der Gottes Willen entspricht.

Besonders darunter zu leiden haben homosexuelle Christen. Die paar wenigen Bibelstellen, die sich übrigens alle an verheiratete Männer richten, werden als Rechtfertigungen genommen, um auf schwule und lesbische Menschen zu schiessen. Dass ihnen abgesprochen wird, Christen zu sein ist noch die harmloseste Verurteilung. Die unzähligen SittenwächterInnen in den Gemeinden sind sich nicht bewusst, was für einen seelischen Schaden sie anrichten. 98% ihrer Opfer wenden sich vom Glauben ab und nicht wenige werden in den Selbstmord getrieben. All das wegen ein paar Bibelstellen, die selbst namhafte Theologen kontrovers diskutieren.

Die allgemeine christliche Norm ohne Ausnahmen

Das Ziel jeder Leitung ist, einer Gemeinde vorzustehen in denen die Menschen ein Leben nach dem Willen Gottes führen. Wie das genau auszusehen hat, ist ganz unterschiedlich. In einer pfingstlich geprägten Freikirche ist z.B. das Sprachengebet zentral. Wenn jemand keine Taufe im heiligen Geist erlebt hat, gerät er manchmal auf die Liste der potenziellen Seelsorgekandidaten.

Ganz sicher ins Visier der selbsternannten Sitten- und Glaubenswächter (die es in jeder Gemeinde gibt), geraten Menschen, die auffallen und nicht der üblichen Gruppennorm entsprechen. Kleiden sie sich vielleicht nicht so, wie es die Ältesten wünschen, haben sie ein Suchtproblem oder sind mit der Gemeindeleitung öfters mal nicht einer Meinung, ist die nächste Seelsorgeberatung bereits gebucht.

Beschliesst ein Homosexueller, sich nicht mehr zu verstecken und offen zu seinem Partner zu stehen, wird er meist umgehend aller Ämter enthoben. Man stellt ihn vor das Ultimatum, sich therapieren zu lassen, oder er verliert seine Stellung in der Gemeinde. Er wird verurteilt, als hätte er ein Kind missbraucht. Schlägt eine Mutter ihre Kinder oder werden sie vom Vater psychisch gequält wird das oft lange nicht entdeckt, denn diese Sünden passieren im Verborgenen.

Es gibt Gemeinden, die sind vom einzelnen Gläubigen bis zum Gemeindeleiter streng hierarchisch durchorganisiert. Der Hauskreisleiter ist zugleich der Seelsorger seiner Gruppe. Seine

Betreuungsperson ist wiederum der Koordinator der einzelnen Kreise usw. Die Hauskreisleiter sind eins sehr wahrscheinlich nicht, Fachpersonen. Im Gegenteil, meistens sind das motivierte

Christen, die nichts Böses wollen aber oft Böses anrichten. Für mich ist eine gesunde

Vertrauensbasis in einer Gruppe nicht möglich, wenn der Leiter teilweise intimste Probleme von seinen Teilnehmenden kennt.

Warum mischen sich aber so viele Christen in mein Leben ein und wollen mir vorschreiben, wie genau ich zu glauben habe? Als ich mich gewagt habe, meine Beziehung zu Gott über die zum Leiter der Lebensgemeinschaft zu stellen, wurde ich behandelt, als sei ich vom Glauben abgefallen. Oft wird blinder Gehorsam und Unterwerfung gefordert. Jeder kleinste Gedanke, der nicht der allgemein christlichen Norm entspricht, wird als Rebellion gegen Gott bzw. die Leiterschaft gewertet.

Seelsorgenachschub

Ist man einmal zu einem möglichen Seelsorgekandidaten geworden, wird man bearbeitet, bis man sich beseelsorgen lässt oder geht.

Weil ich am alten Wohnort mich in der Jungscharleitung investiert habe, ging ich davon aus, dass meine Mitarbeit auch in der Gemeinde erwünscht ist. Eigentlich schon – aber doch nicht so ganz. Dem Prediger reichte nicht ein (längeres) Gespräch um mich näher kennen zu lernen. Nein, er entschloss sich, mich in die Seelsorgemangel zu nehmen.

Ich behaupte, eine grosse Anzahl ist mit dem christlichen Glauben, wie er von den Gemeinden definiert wird, überfordert. Auf der einen Seite sind wir alle Sünder, auf der anderen Seite wird uns gepredigt, was alles ein richtiger Christ tut und was er zu lassen hat. Wenn jemand z.B. noch niemanden bekehrt bzw. zum Glauben geführt hat, erfüllt er den Missionsbefehl nicht.

In dieser inneren Zerrissenheit wenden wir uns an Menschen, die uns im Glauben weiterhelfen können. Das ist meistens ein Seelsorgeteam. Das sind Leute, die sich zu diesem Dienst berufen fühlen. Meistens haben sie 1 – 2 christliche Seminare besucht. Einige haben vielleicht eine der zahlreichen Lehrgänge absolviert. Trotzdem versuchen sie sich als Hobbypsychologen.

Seelsorger oder Seelsarger

Seelsorge hat durchaus ihre Berechtigung. Es tut gut, wenn wir uns über den Alltag austauschen kann und was uns beschäftigt. Auf Augenhöhe und im gegenseitigen Respekt macht das Sinn. Das Gleichgewicht wird aber immer heikler, je grösser der Unterschied zwischen den zwei Personen wird. Der Hauskreisleiter oder ein älteres Gemeindemitglied befinden sich automatisch in einer stärkeren Position. Motivation und Berufung reichen meiner Meinung nicht aus, um in solchen Gesprächen den nötigen Abstand und Distanz zu wahren.

Weil ihnen das nötige Fachwissen fehlt, nehmen viele Seelsorger hauptsächlich die Bibel als Grundlage. Das ist nicht per Definition falsch aber oft wenig hilfreich. Wie fühlt sich ein Opfer von sexuellem Missbrauch, wenn es in der Seelsorge als eine der ersten Sätze: „Du musst vergeben!“, vor den Kopf geknallt bekommt? Hilft, „dein Körper ist der Tempel Gottes“ einem Mädchen, dass sich ritzt?

Ich hatte es nicht einfach im Leben. Als es besonders hart wurde. Schrieb ich dem Gemeindeleiter einen Brief in Form meiner Todesanzeige. Seine lapidare Antwort war: „Du gehst nicht kaputt, du gehst heil.“ Darauf forderte er mich auf, niederzuschreiben was mich alles bedrückt und beschäftigt. In der Meinung, dass am nächsten Mal nun konkret über meine Zweifel und Abgründe gesprochen wird, bekam ich nur die Antwort: „Es ist gut konntest du das mal aufschreiben.“ Das war alles.

Den Hinweis: „Je nach Situation verweisen wir Hilfesuchende an Fachpersonen“ habe ich bis jetzt nur bei einer Gemeinde gefunden. Das heisst nicht, dass alle anderen fachliche Unterstützung ablehnen. Meistens wird aber zu lange gewartet. Psychische Erkrankungen oder Traumatas wegen Vergewaltigungen oder sexuellem Missbrauch müssen zwingend von ausgebildeten Fachpersonen behandelt werden. Wer Straftaten nicht anzeigt, macht sich meiner Meinung genauso schuldig wie die Täter. Ich behaupte, dass in der christlichen, biblischen Seelsorge viele Hilfesuchende noch stärker traumatisiert als „geheilt“ werden.

Die Gemeinde ist mehr als ein Verein

Von 1984 – 2015 war ich in verschiedenen Freikirchen aktiv mit dabei. Von konservativen bis zu charismatischen Gemeinden habe ich ziemlich viele Unterschiede erlebt. Kaum unterschieden hat sich aber die rechtliche Struktur der Gemeinden. Alle waren als Vereine konstituiert. Die Demokratie beschränkte sich aber meistens auf die Hauptversammlung. Im Alltag werden sie in der Regel von einem oder mehreren Pastoren praktisch autokratisch geführt. Als Kontrollgremium oder besser Rückendeckung erhalten sie einen Ältestenrat. Der besteht aber in den meisten Fällen aus Menschen, die der Gemeindeleitung wohl gesonnen sind. Alle anderen Dienste der Kirche sind den Pastoren meistens streng hierarchisch untergeordnet und zum absoluten Gehorsam und Rechenschaft verpflichtet. 

Es kontrolliert niemand, ob sich die Leitung ethisch und moralisch korrekt verhält. Die Basis bildet der Glaube, die Grundlage die Bibel und das Vertrauen auf Gott und in Menschen die sich als Christen bezeichnen.

Dazu passt auch, dass ein Gemeindeleiter seine Jünger in innere und äussere Zirkel organisierte. Ein Vorgehen, dass eher von der Freimaurer Loge bekannt ist. In der Regel sind die Gemeindeleitung und der Ältestenrat „nur“ Gott zur Rechenschaft verpflichtet. Die Gemeindeleitung ist von Gott eingesetzt und Gott bzw. die stellt man darum nicht in Frage.

Unter einem lebendigen Glauben verstehen vor allem Freikirchen, dass man sich zu 120% Gott hingibt. Obschon seit der Reformation Menschen direkt mit Gott sprechen können, spielt die Gemeinschaft und ihre Leitung eine entscheidende Rolle. Sie wollen bis ins Schlafzimmer ihrer

Mitglieder bestimmen können, wie diese zu leben haben. So etwas versteckt man hinter der Floskel: „Wir lassen uns in Leben reden“. Direkte Verbote werden selten ausgesprochen, man merkt aber sehr gut, was erwartet wird, wenn man sich zu der Gemeinde zählt.

Eine Freikirche ist mehr als ein Verein. Es geht nicht darum, welche Lieder am nächsten Konzert gespielt werden oder welcher Trainer die Mannschaft führen soll. Wenn ich die Predigten höre, gehe ich davon aus, dass der christliche Glaube mich freisetzen soll. Mit ihm als Grundlage, gelingt mir ein erfülltes Leben. Oft erhalte ich aber einen komplett anderen Eindruck.

Gefangen im oder befreit vom System

In den christlichen Gemeinschaften nehmen viele Leiter ihre Verantwortung ernst. Sie wollen nur das Beste für ihr Umfeld. Doch wo hört die Ermutigung auf und fängt die Manipulation an? Was ist zerstörende Kritik und was echte Lebenshilfe?

Ich persönlich kenne Christen, die mit beiden Beinen auf den Boden stehen. Menschen, die ohne abzuheben durchs Leben gehen. Gläubige, die ihrem Gegenüber in Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Ein paar haben genügend Selbstvertrauen und Lebenserfahrung, dass sie in den Gemeinschaften nicht untergehen. Die meisten aber haben sich von ihren Gemeinden verabschiedet.

Fragen zum Hinterfragen

Was denken sie über meine Aussagen? Was denken sie über mich? Bin ich «nur» ein verletzter

Gläubiger oder habe ich sie als Gläubigen verletzt? Ich diskutiere gerne mit Respekt und auf Augenhöhe. Wenn es um die Sache, das System Gemeinde geht, bin ich dabei. Wenn es darum geht, mir den Glauben abzusprechen, bin ich weg. 

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