Jesus ist unpersönlich geworden
Ein wichtiger Hinweis voraus: "Es tut mir leid, dass du von Christen verletzt wurdest, sonst würdest du nicht so zynisch über den christlichen Glauben herziehen." Solche Aussagen höre ich ungelogen jedes Mal, wenn ich mich (selbst)kritisch und manchmal auch zynisch mit evangelikalen, charismatischen Lebensauffassung auseinandersetze. Ja, ich war verletzt und wurde missbraucht, aber diese Lebenserfahrungen habe ich aufgearbeitet. Falls du mich trotzdem in die christliche Opferrolle drängen willst, höre hier auf zu lesen. Das empfinde ich als Grenzüberschreitung. So ist keine Diskussion auf Augenhöhe und im gegenseitigen Respekt möglich.
Warum brauche ich Jesus
Diese Frage habe ich Googles KI Gemini gestellt. Die Antwort war, meiner Meinung, ganz schön evangelikal. Das kommt vielleicht davon, dass der grösste Teil der Google Mitarbeitenden aus den USA kommen, dem Land nach Gottes Willen. Folgend die Antworten der KI und danach meine Erfahrungen garantiert mit I aber ohne K.
Vergebung von Sünden
Christen glauben, dass Jesus am Kreuz für die Sünden der Menschheit gestorben ist. Durch seinen Tod und seine Auferstehung können Menschen Vergebung für ihre Sünden erlangen und ein neues Leben mit Gott beginnen.
Ewiges Leben
Christen glauben, dass Jesus den Tod besiegt hat und dass diejenigen, die an ihn glauben, nach dem Tod ewiges Leben im Himmel haben werden.
Hoffnung und Führung
Jesus bietet seinen Anhängern Hoffnung in schwierigen Zeiten. Seine Lehren können Orientierung und Führung im Leben geben.
Liebe und Gemeinschaft
Christen glauben, dass Jesus die Liebe Gottes in die Welt gebracht hat. Durch ihn können Menschen eine tiefe Beziehung zu Gott und zu anderen Christen erfahren.
Veränderung und Wachstum
Jesus kann Menschen helfen, sich zu ändern und zu wachsen. Er kann ihnen die Kraft geben, Sünde zu überwinden und ein gottgefälliges Leben zu führen.
Vergebung von Sünden
Das bekommen wir, nicht nur gefühlt, an jedem Freikirchen Gottesdienst zu hören. Der Inhalt von 95 % der Predigten lassen sich auf einen Satz zusammenkürzen: "Du bist ein Sünder und hast den Tod verdient. Er ist der Sohn Gottes und wird dir die Sünden vergeben." Nun wird zig Mal wiederholt und aufgezählt, wo und wie ich überall gesündigt habe. Danach folgt, ganz wichtig, was ich alles an mir ändern muss, damit ich von Gott angenommen werde. Das wird jetzt in allen Formen und Farben ausgemalt. Ganz am Schluss, wenn ich mich, vor lauter Schuldgefühle, die Knie wundscheuere, hält die Predigt Person gnädigerweise, stellvertretend für Jesus, die Hand hin um uns zu vergeben. Am nächsten Sonntag beginnt das Schauspiel von vorne.
Mein Leben ist alles andere als perfekt. Oft ist es eine einzige Katastrophe. Ich verhalte mich weder ethnisch noch moralisch nur ansatzweise akzeptabel. Trotzdem habe ich Strafe und Tod verdient, wie es im Lied "Erfasst von deinem Erbarmen" gesungen wird. Strafe, OK - ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage, aber warum soll ich den Tod verdient haben? Das lässt sich, aus meiner Sicht weder mit der Erbsünde noch anders schlüssig begründen. Trotzdem studieren (evangelikale) Predigt Personen über immer mehr Formen der Verfehlungen, und wie sie diese den Gläubigen predigen (oder sie manipulieren) können.
Der Mensch ist nicht fehlerfrei, sprich ohne Sünde. Das ist Fakt. Gott hat dafür die Vergebung ermöglicht. Warum können wir es nicht dabei belassen? Ich habe wirklich den Eindruck, dass die Sünde von Evangelikalen bewusst verwendet bis missbraucht wird, um Menschen das Leben zur Hölle zu machen. Es passt für mich überhaupt nicht, dass ein grosser Anteil in psychiatrischen Einrichtungen bekennende Christen sind. Menschen, die eigentlich das Vergebungsangebot für sich in Anspruch genommen haben.
Ewiges Leben
Vor meiner Bekehrung zum christlichen Glauben, war mein Leben geprägt von Zweifeln. Durch Grenzüberschreitungen verschiedenster Art konnte ich kein Selbstwertgefühl aufbauen. Nach meiner Bekehrung wurde es nicht besser, sondern schlimmer (Link). Erst als ich angefangen habe, es in die eigenen Hände zu nehmen, wurde es besser. Wenn ewiges Leben bedeutet den Glauben so zu leben, wie er hier praktiziert wird, Nein Danke!
Hoffnung und Führung
Frage Jesus, er wird dir die richtige Antwort geben. Jesus lebt, er wird sich darum kümmern. In evangelikalen Kreisen wird Jesus oft als real existierende Person angesehen. Denn er ist auferstanden (und lebt mitten unter uns). Du kannst ihm begegnen, du kannst ihn spüren, du kannst ihn fühlen. Viele Christen treffen keine Entscheidungen, ohne vorher ihn zu fragen.
Es spricht nichts dagegen, die eigenen Pläne noch einmal zu überdenken, aber ist es wirklich Jesus, der zu mir spricht? Ich meinte unzählige Male, seinen Willen klar und deutlich zu erkennen. Zu 99,9 % bin ich dabei so was auf die Schnauze gefallen. Ob bei den restlichen 0,1 % wirklich Jesus zu mir gesprochen hat, gut möglich - gut möglich auch nicht.
Seit ich meine Entscheidungen basierend auf eigenen Erfahrungen, Gespräche/Fragen in meinem Umfeld/Beziehungsnetz und Wissensaufbau fälle, geht es mir sehr viel besser. Ich übernehme Verantwortung für mein Leben. Wenn es schiefgeht, stehe ich hin und sage: "Jawohl, ich habe so entschieden, mein Fehler." Wenn es gut geht, freue ich mich daran und bin auch ein wenig Stolz. Jesus spielt dabei ehrlicherweise keine Rolle.
Liebe und Gemeinschaft
Durch Jesus soll ich eine tiefere Beziehung zu Gott und zu anderen Christen erfahren. Gott OK, aber das mit den anderen Christen scheint es in unserer Welt so gar nicht zu funktionieren. Jesus sollte (!!!) der Massstab im Umgang mit unseren Mitmenschen sein? Was ich von ihm erfahren habe, begegnet er uns auf Augenhöhe und mit Respekt.
Ganz ehrlich, ich habe noch nie so viel Falschheit, Lüge und Hinterhältigkeit erlebt, wie in den frommen Kreisen. Ich versuche grundsätzlich, Menschen so zu behandeln, wie ich gerne behandelt würde. Dass ich dabei ohne Ende scheitere, liegt auf der Hand. Wenn ich immer wieder daran erinnert werde, bezeichnen die einen das als Gottes Stimme, für mich ist es zum grössten Teil Selbstreflexion, mich hinterfragen und das Bewusstsein Scheitern zu dürfen.
Veränderung und Wachstum
Dass ich mich weiterentwickle und (geistig) wachse, liegt in meinem eigenen Interesse. Ich setze entziehe mich dabei bewusst jedem Druck, der auf mich ausgeübt wird. Sei es näher am Vaterherz, jesusmässig leben, ihm ähnlicher werden und wie die unzähligen evangelikalen Prdigtfüller alle heissen. Wenn die Predigt Person 1000x sagt, dass alle, die Veränderung in ihrem Leben erfahren werden, sehe ich keinen Grund auch nach vorne zu gehen, um für mich beten zu lassen.
Jesus ist unpersönlich geworden...
und das ist gut so! Früher habe ich versucht, eine Beziehung zu Jesus zu pflegen, wie mit einem (imaginären) Freund. Heute ist er für mich der Sohn Gottes und eine Person aus der Bibel. Als ich 1984 ohne Selbstwertgefühl, gezeichnet vom geistigen und sexuellen Missbrauch an eine Evangelisation vom Pfarrer Fredy Staub mitgeschleift wurde, hat die Ansprechperson in unserer Kleingruppe die Gunst der Stunde genutzt und mich bekehrt.
Ich habe nun mehr als 38 Jahre versucht, ein gottgefälliges Leben zu führen. Dabei habe ich mir zig Predigten reingezogen, unzählige Workshops besucht und nun muss ich eingestehen, eine persönliche, lebendige Gottesbeziehung ist dabei nicht entstanden. Zur Bemerkung, man soll die Botschaft nicht mit den Botschaftern verwechseln. Ich habe wirklich versucht, sein Bodenpersonal von ihm zu trennen. Das Ergebnis habe ich hier ausgeführt. Mangels Alternativen bin ich trotzdem drangeblieben und habe geglaubt, gebetet, gehofft. Heute definiere ich meinen Glauben universeller, offener und liberaler. Evangelikale Hardliner bekommen ab solchen Aussagen den heiligen Angstschweiss und Befreiungsgebetsattacken. Sie würden sagen, ich sei vom (echten) Glauben abgefallen. Ich aber lebe und glaube nicht zu leben.
Danke Pexels für die Verwendung des kostenlosen Fotos.