Klischees typisch menschlich oder unmenschlich?

Es sind "immer" Touristen aus Indien, die nicht wissen, wie sie sich in fremden Ländern zu benehmen haben...

Das Erlebnis von heute bestätigt das Klischee wieder voll und ganz. Ich unterstütze eine Kundin beim Einstiegen in den Zug und bin voll konzentriert bei der Sache. Trotzdem drängt sich die indische Frau zwischen uns und fordert mich im überheblichen, herablassenden und herrischen Ton auf: "You tell me now, where the train to Zürich leaves!" (Sie haben mir jetzt zu sagen, wann der Zug nach Zürich abfährt).

Politisch und kundendienstlich korrekt lautet meine:Antwort: "Sorry, I ask you please for some pation. You have to wait, until I finished my duty with this customer. Than I'll be right with you." (Ich bitte um Entschuldigung und etwas Geduld, bis ich meine Arbeit mit diesem Kunden beendet habe. Dann bin ich sofort bei ihnen). Die Kundin ist ja schliesslich Königin und hat das Recht als solche bedient zu werden.

Mit meinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn geht mir aber durch den Kopf: Wer gibt dir das Recht, dich einzumischen! Hier (in der Schweiz) warten wir, bis wir an der Reihe sind. Du bist eine Kundin, wie die Frau vor dir. Es gibt keinen Grund, sich so egoistisch in Szene zu setzen. Darum sage ich ihr (innerlich) klar und eindeutig: You have to wait! This customer is first! (Sie müssen warten, diese Kundin war vor ihnen dran).

So darfst du nicht denken 

Es gibt 1,429 Milliarden Inder auf der Welt und du sagst, dass sich "immer" die Inder, sich nicht deinen Erwartungen entsprechend verhalten? Könnte das nicht bereits als rassistisch bezeichnet werden? Sie kommen aus einer anderen Kultur. In der ist das Denken in Kasten noch immer präsent. Du musst Verständnis haben, wenn sie sich anders benehmen und dich anders behandeln.

Meine ganz persönlichen, subjektive Erfahrungen sagen aber etwas anderes. In 7 von 10 Fällen, in der Kunden mich gefühlsmässig wie einen Diener oder Sklaven behandeln, sind Touristen aus dem indischen Raum involviert. Die Frau, welche mir die Einsteigehilfe, (mit dem Kunden im Rollstuhl darauf), aus der Hand reissen wollte, kam auch aus diesem Raum. 

Schubladen füllen und schliessen

Ich behaupte mal, jeder Mensch denkt in Schubladen. Das ist wieder typisch Frau Meier vom oberen Stock. Sie lässt ständig die Wäsche im Trockner liegen. Das ist typisch P. Keine Ahnung, warum die sich so kindisch verhält. Die kann wohl nicht anders. 

Der erste Eindruck zählt. Da öffnen wir unsere Schublade. Wenn der zweite unseren ersten bestätigt, stecken wir den Menschen in diese Box und verschliessen sie. Unsere Erfahrungen zu überdenken und diesem Menschen eine neue Chance zu geben, ist sehr schwierig. Wenige überwinden sich zu so einem Schritt. 

Erfahrungen zum Fort- und nicht Verfahren

Meine Erfahrungen prägen mich und mein Verhalten. Bei einem neuen, ähnlichen Zusammentreffen, wie ich am Anfang beschrieben habe, muss/will ich mich bewusst dazu entscheiden, Menschen erneut und immer wieder eine Chance zu geben. Ich bin aber auch vorbereitet, wenn ich in meiner persönlichen Integrität angegriffen werde, egal von wo die Menschen kommen.

Der Egoismus zerstört die Welt 

Ende Jahr ist auch mein Einsatz als Kundenassistent zu Ende. Mein Fazit ist: Der Egoismus wird immer ausgeprägter. Zuerst komme ich, dann noch einmal ich. Danach kommt lange niemand und am Schluss noch einmal ich.

Wenn ich nicht haargenau das erhalte, was ich mir vorstelle, lasse ich einen Shitstorm über die Person ergiessen, welche gerade als Zielscheibe verfügbar ist. Muss ich nur eine Sekunde warten, bis ich das bekomme, was ich will (einen Sitzplatz im Zug), dränge ich mich vor, egal wenn eine Person mit eingeschränkter Mobilität vor mir steht, ich will meinen Platz und ich will ihn jetzt!

Ich wurde durchschnittlich jeden Tag angemotzt, 1x pro Monat persönlich beleidigt, 2x mit dem Tod bedroht und 1x tätlich angegriffen. Es gibt Menschen, die mit so etwas umgehen können.

Ich bedanke mich bei Pexels.com für die lizenzfreie Fotografie.